Study Visit England

Study Visit in England
vom 11. Juni – 14. Juni 2014

Zwei MitarbeiterInnen von samara haben einen 3-tägigen Study Visit in London absolviert, an einem „Antidiskriminierungs-Training“ teilgenommen und zwei Kindergärten und Kinderzentren, sowie eine Elternberatungsstelle besucht. Sie finden neben dieser Zusammenfassung auch unseren Zeitplan, sowie eine genauere Beschreibung der von uns besuchten Einrichtungen.

Der intensivste Teil der Projektreise bestand in einem eintägigen Persona-Dolls- Training, einer Methode, in der Kindern über story telling (Geschichten erzählen) ein Gefühl für Ungleichheit/Fairness entwickeln, ihre Empathiefähigkeit gefördert wird und nachhaltig Rassismus und Diskriminierung bekämpft wird.

Die Idee umfasst die Verwendung einer persona doll, einer Puppe (siehe Bild), der eine persona (Persönlichkeit) gegeben wird. Dazu werden je nach Klassenzusammensetzung/Thematik, die man bearbeiten will, spezifische Gruppenzugehörigkeiten gewählt (soziales Geschlecht, Herkunft, Sprachen, Familienstruktur, sozioökonomischer Hintergrund, Fähigkeiten und Beeinträchtigungen, Hobbys, etc).
Ein/e Erwachsene/r (LehrerIn, KindergartenpädagogIn, ProjektexpertIn) fungiert als Sprachrohr für die persona doll und erzählt eine Geschichte aus ihrem Leben – aus ihrer Familie, ihrer Klasse…
Die Idee dahinter ist, dass die Kinder sich mit der Puppe identifizieren können und durch die positive Besetzung der einzelnen Kategorien (Geschlecht, Sprache, Fähigkeit/Beeinträchtigung, ..) „Empowerment“ möglich wird. Des Weiteren werden die Kinder aktiv in die Geschichte einbezogen. Sie sollen die Gefühlszustände der persona doll beschreiben und Lösungsmöglichkeiten für spezifische Probleme entwickeln. Auch schwierige Themen können dadurch auf eine spielerische, angstfreie und lustvolle Weise bearbeitet werden. So eignet sich der Zugang auch dafür, Probleme innerhalb der Klasse anzusprechen (Ausschließen, aggressives Verhalten, Lernschwierigkeiten, Aufmerksamkeitsprobleme,…) ohne direkt einzelne Kinder nennen zu müssen.
Der persona dolls Zugang stellt aufgrund der ähnlichen Zielsetzungen, wie in unserem Pilotprojekt, eine hervorragend Methodenerweiterung für unsere Arbeit dar. Der spannende Workshop wurde durch die Trainerinnen Babette Brown und Vicky Hutchin didaktisch beeindruckend gestaltet. So erzählte die gebürtige Südafrikanerin Babette Brown von ihren eigenen Erfahrungen mit Diskriminierung und dem Erfolg der persona dolls in Südafrika sowie in einigen europäischen Ländern. In Ungarn werden die Persona Dolls beispielsweise von einer Schulleiterin in der Arbeit mit Roma Kindern eingesetzt.

Neben dem persona dolls Training besuchten wir zwei Kindergarteneinrichtungen mit angeschlossenen Kinderschutzzentren, sowie eine Elternberatungsstelle. Es zeigte sich, dass neben der Kinderbetreuung die Einrichtungen ein breites Angebot an psychosozialer Beratung und medizinischer Hilfe haben. Somit war der Kindergarten auch Anlaufstelle in Erziehungsfragen, sozialarbeiterische sowie finanzielle Fragen und medizinischen Konsiliarangeboten.
Beispielsweise gab es kostenlose Workshops für Eltern zum Thema Eltern-Kind- Beziehung, Erziehungsfragen, Hebammen- und Stillberatung, zahnärztliche Hilfe sowie die Möglichkeit für Eltern mit ihren Kindern unter Anleitung von PädagogInnen zu üben mit Kindern zu spielen und sie dadurch zu fördern.
In den Einrichtungen war es beeindruckend zu sehen, welche vielfältige Lern- und Spielumwelt den Kindern zur Verfügung steht. Jeder Entwicklungsbereich hat seine eigene Lernecke, die Kinder dürfen frei zwischen den Lernangeboten wählen und sich im gesamten Areal bewegen. Auf Seite der PädagogInnen wirkte der freundliche und engagierte Umgang mit den Kindern sehr positiv, man bekam den Eindruck dass die MitarbeiterInnen große Freude an ihrem Job haben und sind sehr gut ausgebildet sind.
Der positive Zugang liegt den EinrichtungsleiterInnen zufolge einerseits an der guten Führung, andererseits aber an der kostenfreien Möglichkeit der MitarbeiterInnen, psychotherapeutische Beratung in Anspruch zu nehmen. Die Ressourcen sind zwar denkbar knapp, das nötige Budget wird von den LeiterInnen trotzdem zur Verfügung gestellt, da sie es als notwendig erachten.
Im Bereich des Kinderschutzes verfügen die Einrichtungen über das Konzept des safe guarding, ein Kinderschutz-Team, das sich alle 4 Tage trifft und strukturiert nach Notfallplänen vorgeht.
Für uns neu ist die ständige Möglichkeit, dass InspektorInnen von Ofsted für den Staat die Einrichtung bewerten kommen. Diese inspections werden nicht mehr angekündigt und stellen für die PädagogInnen und die Leitung einen ständigen Druck dar. Neben der Gesamtbewertung der Einrichtung können sie für jedes Kind eine Dokumentation der individuellen Entwicklung verlangen, worin die Entwicklungsfortschritte eines jedes Kinds eingetragen sein müssen. Dies ist zwar zeitlich sehr aufwendig, wird aber von den PädagogInnen, als auch von den LeiterInnen als positiv erlebt, da man viele Daten über die Kinder erhalte.
So könne man genau feststellen, wenn ein Kind in einem der Teilbereiche keine Entwicklungsfortschritte erziele und gezielt ExpertInnen hinzuziehen. Des Weiteren seien die PädagogInnen auch verantwortlich, die Entwicklung der Kinder nachhaltig zu fördern.

Für unser Projekt ist die Einschätzung der LeiterInnen interessant, dass positives MitarbeiterInnenverhalten auch mit der Möglichkeit von Inanspruchnahme von Beratungsgesprächen zusammenhängt.
Die LehrerInnen an Wiener Schulen sind sehr belastet und haben keine Möglichkeiten diese Art von Beratung für sich in Anspruch zu nehmen, was wir in unserem Transferprojekt (2015-2018) verstärkt bedacht haben.
Des Weiteren war eindrucksvoll, wie in einem Zentrum unterschiedliche Angebote gebündelt sind, die in Österreich eher zergliedert auftreten. Kindergärten dienen der Kinderbetreuung, eine Vernetzung mit Elternberatungsstellen und psychosozialen Einrichtungen gibt es selten, bzw. erfordert es Eigeninitiative der Eltern.

Wir waren von unserem Study Visit nach London begeistert, können methodisch viele Konzepte in unsere Projektarbeit integrieren. Ausserdem hatten wir die Möglichkeit strukturelle Prozesse von Organisation, die mit Kindern arbeiten in Österreich und England zu vergleichen.

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